Hast du schon einmal von WindelFrei gehört und dabei ganz irritiert an ein Baby ohne Windel gedacht? Damit bist du nicht allein.
Doch was ist WindelFrei denn dann?
WindelFrei, oder auch Ausscheidungskommunikation genannt, ist eine Praxis, die seit Jahrhunderten existiert und heute neu entdeckt wird. Dabei geht es im Kern darum, die Signale deines Babys zu verstehen und darauf zu reagieren – eine Art nonverbale Unterhaltung über die grundlegendsten Bedürfnisse, die neben Hunger, Schlaf und Nähe und Schutz eben auch das “mal müssen”, das Ausscheiden umfassen.
Das Wort „WindelFrei“ suggeriert nun, dass es sich bei dieser Praxis um eine radikale Absage an jegliche Windeln geht, maximal Stoffwindeln denken die Allermeisten. Doch halt, bevor du dich fragst, ob du bereit bist, deinen Teppich oder das frisch bezogene Bett für die Sache zu opfern, lass mich dieses Missverständnis aufklären.
WindelFrei bedeutet nicht: dein Kind ist ständig ohne Windeln. WindelFrei bedeutet: Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und eine tiefe Verbindung zu deinem Baby. Denn selbst mit Windel rund um die Uhr “klappt” WindelFrei.
Dieser Artikel versucht die Verwirrung um den Begriff WindelFrei aufzudröseln und klärt den Mythos rund um “WindelFrei heißt windelfrei” auf. Er liefert praktische und lebensnahe Beispiele, die zeigen, wie WindelFrei im Alltag funktionieren kann – mit weniger Stress und mehr Lächeln. In einem Übersichtsartikel habe ich weitere Mythen gesammelt.
Denn ja, WindelFrei kann eine Bereicherung für das Familienleben sein, die die Bindung stärkt und gleichzeitig für einige humorvolle Geschichten sorgt. Bereit für das Abenteuer? Dann lass uns loslegen!
Wenn du mehr darüber wissen willst, wie WindelFrei von Geburt an funktioniert, und zwar ohne dich zu überfordern, dann lege ich dir mein Workbook Just WindelFrei ans Herz. Hier bekommst du es gleich zu meinem Newsletter als Geschenk dazu:
Wo das Missverständnis wirklich herkommt
Lass uns tiefer in das Thema eintauchen und genau betrachten, woher das Missverständnis “WindelFrei heißt windelfrei” eigentlich kommt. Ich denke, der Ursprung des Missverständnisses liegt im Begriff an sich, weshalb Menschen etwas ganz anderes darunter verstehen, als gemeint ist.
Stellen wir uns vor, wir hören zum allerersten Mal das Wort “WindelFrei”. Was ist wohl unsere Assoziation dabei? Vielleicht erscheint vor unserem geistigen Auge ein Bild von einem fröhlich nackten Baby, das gar keine Windel trägt?! Ganz im Gegensatz zum eigentlich vorherrschenden Bild in den Medien und in unseren Umfeldern, dass ein Babypopo immer eine Windel trägt. Selbst am Strand begegnen uns Babys bei ihrem Planschvergnügen mit einer Schwimmwindel bekleidet.
Ich selbst habe in meinem Umfeld für Verwirrung gesorgt, als ich zum allerersten Mal voller Stolz sagte, wir würden unser Kind WindelFrei begleiten. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich immer vom Abhalten gesprochen, denn das war es ja offensichtlich, was wir praktiziert haben. Doch im Internet, 2018 war ich auch noch ohne Facebook und Instagram, fand ich nur wenige geeignete Treffer, wenn ich “Abhalten” bei Google eingab. (Heute ist das anders: monatliche Suchanfragen: 1300 und auf der ersten Seite fast ausschließlich Treffer, die sich auch wirklich um das Thema drehen.) Dennoch listet selbst Wictionary auf: “[3] (ein Kleinkind im Freien mit nacktem Podex zum Urinieren) über dem Boden halten” und nicht ein Baby…
Während diese Vorstellung, Babys bräuchten keine Windel, durchaus charmant sein kann, liegt hier der Kern unseres Missverständnisses. Der Begriff “WindelFrei” klingt, als wäre es das Ziel, Babys so oft wie möglich ohne Windeln zu lassen und sie auch schnell wie möglich aus der Windel herauszubekommen. Aber wie bei einem Eisberg ist das, was über der Wasseroberfläche sichtbar ist, nur ein kleiner Teil der gesamten Geschichte.
Was bedeutet “WindelFrei” überhaupt?
„WindelFrei“ ist eher ein Codewort für eine viel tiefere und reichhaltigere Praxis: die Ausscheidungskommunikation (engl. Elimination Communication). Ja, ich weiß, das klingt jetzt ein bisschen wie ein Fachterminus aus einem sehr speziellen Handbuch. Aber im Grunde ist es eine wunderschöne, einfache Idee: Du lernst, die Signale deines Babys zu deuten, die darauf hindeuten, dass es mal muss. Neben all den anderen Signalen, die dein Baby dir sendet!
Es geht darum, eine Verbindung aufzubauen, die es dir ermöglicht, sämtliche Bedürfnisse deines Kindes zu verstehen und darauf zu reagieren – und ja, wenn es um die Ausscheidungen geht, kann das manchmal auch bedeuten, die Windel wegzulassen.
Zumeist jedoch sind diese windelfreien Zeiten auf das Abhalten beschränkt. Ich kenne nur wenige Familien, die ihre ersten Babys in den ersten Lebenswochen bis -monaten wirklich oft ohne Windel lassen. Die Unsicherheit im gesamten Umgang mit dem Baby ist einfach noch zu groß, als dass viele Experimente eingegangen werden. Anders ist es bei Eltern, die ihr erstes Baby bereits WindelFrei begleitet haben oder die im Freund:innenkreis Vorbilder haben.
Das Missverständnis rührt also von einer simplen Fehlinterpretation des Begriffs her. Statt einer radikalen Anti-Windel-Bewegung ist WindelFrei eine sanfte, auf Kommunikation basierende Methode, die sich perfekt in ein bindungs- und bedürfnisorientiertes Leben einbinden lässt. Denn da dreht sich ja alles bereits um das Erkennen von Bedürfnissen hinter Verhalten und das prompte und einfühlsame Reagieren.
WindelFrei erweitert das Spektrum und bietet damit eine wundervolle Möglichkeit, die Bindung zu deinem Baby zu stärken. Es geht gar nicht darum, die Nutzung von Windeln zu verteufeln oder Wegwerfwindeln als grundsätzlich böse abzustempeln. Es geht vielmehr darum, eine weitere Ebene der Fürsorge und Aufmerksamkeit in eure Beziehung zu bringen.
In dieser Welt des WindelFrei geht es also nicht um das Abschaffen von Windeln und auch nicht das Anschaffen von Stoffwindeln, sondern vielmehr um das Hinzufügen einer weiteren Dimension der Kommunikation zwischen dir und deinem Baby. Es ist ein Dialog ohne Worte, der euch beiden hilft, einander besser zu verstehen und zu unterstützen.
Du bietest in den Momenten, in denen du ein Signal wahrnimmst, deinem Baby Unterstützung an – sei es durch Halten über eurem Waschbecken, einer Toilette, einem Töpfchen oder gar ein Mulltuch in den ersten Tagen tut seinen Dienst.
Oder die Initiative geht sogar von dir aus: Du kannst außerdem Standardsituationen nutzen, wie das Füttern, Stillen und nach dem Tragen oder Aufwachen.
Der Dialog ist beidseitig: Dein Baby lernt, sich auch auf dein Verhalten einzustellen und zum Beispiel noch zu warten, bis du es in eine geeignete Position gebracht oder aus dem Tragetuch geholt hast. Viele Eltern kombinieren die Aktion auch mit einem Schlüssellaut.
Übrigens gibt es diesen und weitere Tipps gleich postwendend, wenn du dich für meinen Newsletter einträgst:
So gelebt ist WindelFrei eher wie ein Tanz:
Ein komplett windelfreies Leben hingegen wäre wie eine Tanzfläche mit einer strikten „Keine Schuhe erlaubt“-Regel – Das funktioniert für manche, ist aber definitiv nicht für jede:n.
WindelFrei bedeutet nicht, dass du deinem Kind niemals eine Windel anziehst. Es bedeutet, dass du die Windeln bewusst einsetzt, als Teil eures gemeinsamen Dialogs und nicht als einziges Kommunikationsmittel.
Die Schönheit von WindelFrei liegt definitiv in seiner Anpassungsfähigkeit. Es gibt Tage, da läuft alles wie geschmiert, und dein Baby signalisiert dir klar und deutlich seine Bedürfnisse. An anderen Tagen ist das Leben chaotisch, und Windeln sind dein bester Freund. WindelFrei ist wie ein Fluss, der sich durch euren Alltag schlängelt, mal breit und ruhig, mal schmal und schnell. Es passt sich an eure Bedürfnisse an, wächst mit eurer Beziehung und bietet euch beiden Raum zum Lernen und Wachsen.
WindelFrei ist also kein starres Regelwerk, sondern eine flexible, liebevolle Praxis, die euch hilft, eine tiefere Verbindung aufzubauen. Es ist eine Reise, auf der ihr gemeinsam wachst, lernt und euch an die sich ständig ändernden Bedingungen des Lebens anpasst. So wie jede Familie einzigartig ist, so ist es auch die Praxis des WindelFrei – individuell, anpassbar und voller Liebe.
WindelFrei in Aktion: Zwei Familien teilen ihre Geschichten
Lass uns einen Blick auf konkrete Beispiele aus dem Alltag werfen. Diese Erfahrungsberichte bieten wertvolle Einblicke in die praktische Umsetzung von WindelFrei und illustrieren die Vielfalt der Erfahrungen, die Eltern mit dieser Methode machen. (Wenn du Lust auf meinen Erfahrungsbericht hast, schau mal hier und hier rein.)
WindelFrei Erfahrungsbericht 1: Vom ersten Töpfchen-Erfolg zur WindelFreiheit
Anna und ihr Partner (du findest ihren Erfahrungsbericht auch hier auf meinem Blog) entschieden sich vor der Geburt ihres ersten Kindes bewusst für WindelFrei, motiviert durch den Wunsch nach einer natürlichen und bedürfnisorientierten Verbindung zu ihrem Kind. Sie waren jedoch anfänglich eher skeptisch. Einige kleine Pipi Unfälle auf dem Wickeltisch bewogen sie dann dazu, ihren Sohn Leo (Name erfunden) doch mal über dem Töpfchen abzuhalten. Das klappte so gut, dass sie sich entschieden, diese Praxis beizubehalten. Sie setzten sie konsequent in Standardsituationen bei Wickel- und Stillzeiten fort, und bereits ab der zweiten Woche landete das große Geschäft zuverlässig im Töpfchen. Die Verwendung von Stoffwindeln verstärkte ihre Freude über diese Entwicklung. Erst dann begannen sie Signale und Rhythmus zu beobachten. Sie fanden heraus, dass ihr Sohn immer Unruhe zeigte, wenn er mal musste. Sie reagierten darauf, um ihn rechtzeitig abzuhalten – eine Methode, die sich auch auf Autofahrten bewährte, wo Unruhe auch ein zuverlässiges Zeichen für das Bedürfnis auszuscheiden war. Ab dem 15. Monat war Leo tagsüber windelfrei.
WindelFrei Erfahrungsbericht 2: Ungeplant zu WindelFrei
Madlen beschreibt ihren Weg zu WindelFrei als eher unfreiwillige Entdeckung. Früh begannen sie, ihre Tochter Mila (Name erfunden) aufgrund von Hautirritationen durch das Windeltragen (ein roter Po) regelmäßig windelfrei auf einer wasserdichten Unterlage im beheizten Badezimmer zu lassen. Sobald sie ausschied, haben sie die Unterlage gewechselt und mit ihr über das, was sie da taten, gesprochen. Die anderen Zeiten wickelten sie mit Wegwerfwindeln. Der Wechsel zur Beikost und die damit verbundenen Verdauungsumstellungen führten dazu, dass sie Mila über einem Abhaltetöpfchen für das große Geschäft abhielten. Ihre Tochter nahm das Angebot sehr gern an, so dass sie dabei blieben. Ihre WindelFrei-Praxis beschränkte sich auf das Zuhause oder den Besuch bei engen Freund:innen. Die regelmäßigen großen Geschäfte am Vormittag gaben Madlen ein Gefühl der Gelassenheit für den Rest des Tages, da sie wusste, weitere Signale würden höchstwahrscheinlich nur auf Pipi hinweisen, welches problemlos in die Windel gehen konnte oder notfalls im Wald auf einem Baumstumpf sitzend abgehalten werden konnte.
Praktische Hilfen und Inspirationen: Nützliche Ressourcen rund um WindelFrei
Wenn du tiefer in die Thematik eintauchen möchtest, gibt es eine Fülle von Ressourcen. Von wissenschaftlichen Artikeln, die die Vorteile von Ausscheidungskommunikation beleuchten, bis hin zu praktischen Leitfäden, die Schritt für Schritt durch den Prozess führen. Ein Blick in die Erfahrungen anderer Familien kann ebenfalls unglaublich wertvoll sein. Blogs, Foren und Social-Media bieten Möglichkeiten für den Austausch und sind eine Schatzkiste voller Tipps, Tricks und motivierender Geschichten. Mein eigener Blog bietet eine Sammlung von Artikeln, die sich mit verschiedenen Aspekten von WindelFrei beschäftigen – von den ersten Schritten bis hin zu Lösungen für gängige Herausforderungen. Hier findest du zum Beispiel eine Übersicht über die 10 häufigsten Mythen rund um WindelFrei.
Außerdem habe ich für dich Just WindelFrei konzipiert. Ein Workbook, das dir mit 10 meiner besten Tipps für einen entspannten Start hilft, dein Baby ganz selbstverständlich WindelFrei zu begleiten und zwar auf deinem eigenen Weg. Auf der Seite von Just WindelFrei findest du kleine Erfolgsgeschichten.
Fazit: WindelFrei – Ein bereichernder Dialog zwischen Eltern und Kind
Dieser Artikel hatte zum Ziel, einen weiteren Mythos zu entkräften, der sich rund um WindelFrei rankt. “WindelFrei heißt windelfrei” wollte ich widerlegen und dir zeigen, dass WindelFrei weit mehr ist. Es ist eine Philosophie, die Eltern und Kinder auf einer tiefen Ebene der Kommunikation und des Verständnisses verbindet.
WindelFrei ist kein starrer Pfad, sondern ein flexibler Weg, der sich an die Bedürfnisse und den Lebensrhythmus jeder Familie anpassen lässt. Die Geschichten von Anna und Leo sowie Madlen und Mila zeigen, dass WindelFrei in verschiedenen Formen erfolgreich praktiziert werden kann, sowohl zu Hause als auch unterwegs. Diese Praxis erfordert Aufmerksamkeit, Einfühlungsvermögen und manchmal auch Kreativität, bietet jedoch im Gegenzug eine einzigartige Möglichkeit, die Signale deines Kindes zu verstehen und darauf zu reagieren.
WindelFrei zu praktizieren bedeutet nicht, sich auf ein windelfreies Leben zu verpflichten, sondern vielmehr, einen zusätzlichen Kommunikationskanal mit deinem Kind zu eröffnen. Es geht darum, die Windeln bewusst einzusetzen und sie als eines von vielen Werkzeugen in eurem gemeinsamen Alltag zu betrachten. Die Flexibilität dieser Methode hilft dabei, Berührungsängste mit dem Thema Ausscheidungen abzubauen und zeigt, dass WindelFrei eine bereichernde Erfahrung für die gesamte Familie sein kann.
Ich hoffe, dieser Artikel hat dir nicht nur ein tieferes Verständnis für WindelFrei gebracht, sondern auch die Zuversicht, dass du und dein Kind diesen Weg gemeinsam gehen könnt. Ob ihr nun ganz ohne Windeln auskommt oder sie gelegentlich nutzt, wichtig ist, dass ihr euch auf eure einzigartige Bindung und eure Kommunikation verlasst. WindelFrei ist letztendlich eine Reise der Liebe, des Lernens und des gemeinsamen Wachsens.
Möge dieser Artikel als Inspiration dienen, WindelFrei mit Offenheit, Neugier und Freude zu erforschen. Jede Familie ist einzigartig, und so ist es auch die Art und Weise, wie sie WindelFrei in ihr Leben integriert. Vertraue auf dein Gefühl, lass dich von den Erfahrungen anderer inspirieren und finde deinen eigenen Weg. Denn am Ende zählt nicht, wie oft dein Kind eine Windel trägt, sondern die liebevolle Verbindung, die ihr miteinander aufbaut.